01.10.2018 | Studium | Studierende

Unter Strom: Praktikum bei Kraftwerke Oberhasli AG

Ganz im Sinne des Sonderthemas zur Nachhaltigkeit beschreibt uns Aline Muller ihre Praktikumszeit bei der Kraftwerke Oberhasli AG (KWO). Im Interview erzählt sie von ihren Erlebnissen und Eindrücken der Stromproduktion aus Wasserkraft, dem Nachhaltigkeitsbestreben der KWO und berichtet über ihren Arbeitsalltag.

Oktober 2018

Text und Fotos von Fabienne Hasselmann und Aline Muller

Aline, du hast letzten Herbst ein Praktikum bei der Kraftwerke Oberhasli AG (KWO) absolviert. Wie wurdest du auf die Stelle aufmerksam und wie gestaltete sich der Bewerbungsprozess?

Meine Mutter hat an einer Kraftwerksführung der KWO teilgenommen. Dabei erwähnte der Besucherführer, dass die KWO auch Praktika anbietet. Daraufhin habe ich der KWO eine Spontanbewerbung gesendet. Entgegen meinen Erwartungen, die KWO ist ja eher im technischen Bereich zu Hause, erhielt ich dann tatsächlich die Zusage für ein Praktikum. Im Sommer 2016 durfte ich anschliessend für drei Wochen ein «Schnupperpraktikum» bei der KWO machen. Dabei kamen die Leitung der KWO und ich überein, dass ein Praktikum für beide Seiten eine interessante Zusammenarbeit mit sich bringen könnte. Im September 2017 startete ich schliesslich das offizielle Praktikum.

Bild: Aline Muller
Aline Muller

Was genau beinhalteten deine Tätigkeiten im Praktikum?

Einerseits half ich im Bereich Asset Management mit, ein Reporting zu entwickeln. Dieses ist nach den drei Pfeilern Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und Verfügbarkeit aufgebaut. Andererseits unterstützte ich den Asset Manager der KWO in diversen administrativen Bereichen (Präsentationen vorbereiten, Informationen einholen usw.). Gleichzeitig prüfte ich bestimmte Werkverträge kritisch auf deren Inhalt. Dabei kam mir zugute, dass ich bereits ein Jahr Recht studierte und diese Studienrichtung nun in meinem Nebenfach besuche. Zudem war ein grosser Bestandteil meiner Arbeit der Austausch mit den Aktionärsvertretern der KWO. Dieser beinhaltete vor allem Organisatorisches und die Teilnahme an Sitzungen.

Welche Highlights hast du während deinem Praktikum erlebt?

Die Sitzungen mit den Aktionären in ihren Hauptsitzen (Basel, Zürich, Bern) waren immer wieder ein Highlight, der Austausch war stets spannend und herausfordernd. Als ich das erste Mal das fertige Reporting in den Händen hielt, war ich besonders stolz. Es war wie ein Produkt, dass auf den Markt kommt, an dem ich mitgearbeitet hatte. Ein weiteres Highlight war der Einblick in andere Fachgebiete. So durfte ich einen KWO-Ökologen begleiten und mit ihm Flussgeschwindigkeiten messen. Der Austausch am Mittag mit den Mitarbeitenden über ihre Fachgebiete war immer sehr lehrreich. Ein persönliches Highlight war die wunderbare Landschaft des Haslitals und der Grimselwelt. Während des Praktikums lebte ich unter der Woche in Innertkirchen. So konnte ich mich voll und ganz auf das Praktikum konzentrieren.

Bild: Drehscheibe
Nachhaltigkeits-Cockpit in Form einer Drehscheibe

Das Nachhaltigkeitsdreieck der KWO setzt sich aus Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt zusammen. Kannst du uns mehr dazu erzählen?

Für die KWO ist die Nachhaltigkeit zentral, weil die Hauptressource das Wasser ist. Davon ist sie abhängig und es sollen noch viele Generationen von dieser Ressource profitieren können. Der Bund erteilt Vorgaben und der Kanton Bern hat den Berner Nachhaltigkeitskompass, nach dem die KWO sich richtet. Vor einigen Jahren noch hat die KWO jedes Jahr ein 200-seitiges Reporting veröffentlicht. Dies wurde nun angepasst und eine Nachhaltigkeits-Drehscheibe entwickelt (siehe Bild), welche den Bericht ersetzt. Gleichzeitig wurden die Drehscheiben auch auf Stehtischen in der Kantine der KWO abgebildet. So spart man viel Papier und erreicht ein breites Publikum für dieses Thema. Die KWO lebt ihre Konzepte. Dazu habe ich zwei Beispiele: Den Bau des Ausgleichsbeckens in Innertkirchen und einer der ersten Fischlifte der Schweiz.

  • Das Ausgleichsbecken verhindert, dass ein Schwall-Sunk (viel Wasser auf einmal in ein natürliches Flussbeet) entsteht und so Lebewesen weggeschwemmt werden können.
  • Der Fischlift ist im Gegensatz zu Fischtreppen eine gute Lösung, sobald die Fische eine grosse Steigung überwinden müssen. Bei jedem Bauprojekt müssen Ausgleichsmassnahmen definiert werden, welche die KWO vorbildlich umsetzt. Gesellschaftlich gesehen ist die KWO in der Region Haslital stark engagiert. Mit der Grimselwelt wird der Tourismus gefördert. Dasselbe gilt auch für die wirtschaftliche Komponente. Die KWO wirtschaftet nachhaltig, weil sie noch lange Strom aus nachhaltiger Energie produzieren und liefern möchte.

Immer mehr wird Wert auf Effizienz, umweltfreundliches Wirtschaften und Nachhaltigkeit gelegt. Was sind die Pläne der KWO in Bezug auf diese Punkte in der Zukunft?
Der Kanton Bern hat ein Grossverbrauchermodell für Unternehmen, die mehr als 5 GWh Strom verbrauchen. Auch die KWO setzt dieses Modell um und definiert Energiesparmassnahmen. Die KWO ist zudem ISO 14’001 zertifiziert und strebt an, dies weiterhin zu bleiben. So ist die KWO kontinuierlich dazu verpflichtet, nachhaltig zu sein. Dazu auch zwei Beispiele:

  • Aktuell und auch in Zukunft wird kontinuierlich auf LED-Lampen umgerüstet. Das bringt für die KWO grosses Sparpotential, da wir in allen 13 Kraftwerken und den Stollen viel Licht benötigen.
  • Laufräder werden nicht komplett ersetzt sondern revidiert und aufgearbeitet, was in allen Bereichen nachhaltig ist. Die KWO gibt ihr Wissen in Bereichen wie dem Hochwasserschutz und der Ökologie weiter an andere Unternehmen. Durch den Klimawandel schmelzen die Gletscher im Konzessionsgebiet der KWO. Dies können wir nutzen und daraus Strom herstellen. In Zukunft wird auch die Frage der Trinkwasserversorgung ein immer grösseres Thema werden. Dank unseren acht Speicherseen haben wir gute Trinkwasserreservoire. Auch der Hochwasserschutz bei der Gletscherschmelze wird mit Projekten wie der Staumauer Trift berücksichtigt.

Reden wir noch über deine persönliche Zukunft. Wo siehst du dich beruflich in fünf Jahren?

Ich möchte sehr gerne weiterhin im KMU-Bereich bleiben. Die Zusammenhänge sind schnell ersichtlich und man kann mit sehr vielen verschiedenen Fachpersonen und Abteilungen zusammenarbeiten. Während meines Praktikums hatte ich bereits nach einer Woche die Gelegenheit, sowohl mit Mechanikern in der Werkstatt als auch mit dem CEO zusammenarbeiten zu dürfen. Das machte die Arbeit sehr vielfältig. Vom Fachbereich her bin ich nicht abgeneigt, mein Hobby noch zu vertiefen und in einem NGO-Bereich zu arbeiten. Aber am wichtigsten ist für mich, dass es ein Produkt oder Bereich ist, in dem ich einen Sinn sehe, und eine Unternehmensphilosophie, hinter der ich stehen kann.

Und noch zum Schluss: Was ist dein Rat an alle Neustudierenden?

Mutig sein und sich spontan bewerben. Immer Augen und Ohren offenhalten, auch für KMUs, die vielleicht nicht ein grosses Hochschulmarketing betreiben. So können sich plötzlich ganz neue Horizonte öffnen.

Aline Muller

Aline Muller studiert an der Universität Bern BWL im Hauptfach und Recht im Nebenfach. Im Herbst 2017 absolvierte sie ein Praktikum bei der Kraftwerke Oberhasli AG (KWO) in Innertkirchen. Nach dem obligatorischen Praktikum erhielt sie im Januar 2018 die Gelegenheit, neben dem Studium in einem 30%-Pensum bei der KWO weiterzuarbeiten. In ihrer Freizeit engagiert sich Aline seit mehr als zehn Jahren im Schweizerischen Samariterbund als Leiterin und Vereinscoach.

Die Kraftwerke Oberhasli AG (KWO)

Die Kraftwerke Oberhasli AG (KWO) hat ihren Hauptsitz in Innertkirchen im Kanton Bern. Die KWO ist eines der führenden Wasserkraft-unternehmen der Schweiz und wurde 1925 gegründet. Im Geschäftsjahr 2017 produzierte die KWO 2’225 GWh Strom. Die KWO ist zu 50% im Besitz der BKW AG, die restlichen Anteile sind zu gleichen Teilen auf die Städte Bern (EWB), Basel (IWB) und Zürich (EWZ) verteilt.