Was für eine Unterkunft hatten Sie im Gastland? Wie haben Sie diese erhalten?
Ich wohnte auf einem so genannten „Korridor“ in einem Studentenheim, welches direkt auf dem Universitätsgelände gelegen ist (150m von der Uni entfernt). Ich hatte ein riesiges Zimmer mit eigenem Bad, teilte jedoch Küche, Wohnstube und Balkon mit andern Studenten. Im Wohnheim wohnten hauptsächlich Austauschstudenten, da die Schweden eigene Apartments (ebenfalls auf dem Campus) bevorzugen. Waschküche, Internet & sogar eine Sauna waren in der Miete inbegriffen. Alles war auf sehr hohem Qualitätsstandard.
Die Unterkunft wurde mir durch die Gastuni garantiert und organisiert. Hat alles bestens geklappt.
Wie war die Betreuung durch die Gastuni? Gab es ein Orientierungsprogramm?
Sehr gut. Es gab offizielle „arrival dates“, an welchen man direkt vom Flughafen abgeholt und zu seiner Unterkunft gebracht wurde. Danach gab es ein 3tägiges „introductory programme“, wo einem Uni, Stadt, Land, Kultur; kurz alles was man wissen musste, näher gebracht wurde. Auch während des Semester stand die Tür zum „international office“ immer offen. Ich konnte sogar zwei Prüfungen für meine Heimuni hier in Schweden ablegen.
Wie war der Kontakt zu einheimischen Studieren? Wie war der Kontakt zu anderen Austauschstudenten?
Der Kontakt zu einheimischen Studierenden stellte einen der wenigen Negativpunkte bei meinem Auslandaufenthalt dar. Schweden sind sehr zurückhaltend und schwierig zu „knacken“. Dennoch konnte ich zu zwei, drei Schweden (u.a. zu meinem schwedischen „buddy“ sowie den paar Schweden, die auf meinem Korridor lebten) ein gutes Verhältnis aufbauen.
Der Kontakt zu andern Austauschstudenten war dafür umso intensiver und stellt bestimmt die bleibendste Erinnerung an meinen ERASMUS-Aufenthalt dar. Es ist schön zu sehen, dass man in sehr kurzer Zeit sehr intensive Beziehungen und Freundschaften aufbauen kann.
Wie sind Sie sprachlich zurecht gekommen?
Da Austauschstudenten grundsätzlich nur zu englischsprachigen Programmen zugelassen sind, stellte die Sprache überhaupt kein Problem dar. Allgemein sprechen alle Schweden sehr gut Englisch. Dementsprechend konnte ich auch sowohl mein schriftliches als auch mein mündliches Englisch gut festigen.
Was die schwedische Sprache betrifft, so habe ich einen von der Gastuni angebotenen 10wöchigen Sprachkurs genommen, in welchem man die „basics“ vermittelt bekommt. Da man jedoch wie gesagt automatisch mit allen Schweden Englisch spricht, vertiefte ich diese Kenntnisse leider nicht weiter.
Welche Kurse haben Sie an der Gastuni besucht?
An der Business School der Växjö University wählt man normalerweise direkt ein gesamtes Semesterprogramm aus, welches aus verschiedenen Modulen besteht, die zeitlich nacheinander gehalten werden (consecutive scheduling). Mein Programm hiess „Management Accounting and Information Systems“ und bestand aus den Modulen „Cross-Cultural Management“ (5 Wochen/7.5 credits), „Management Accounting and Information Systems“ (10 Wochen/15 ECTS) sowie „Company Field Study“ (5 Wochen/7.5 ECTS).
Welche dieser Kurse würden Sie zukünftigen Erasmus-Studierenden weiterempfehlen?
Generell hatten alle drei Module ihren Reiz. Ich musste mich jedoch zuerst an den schwedischen Lehrstil gewöhnen: Es wird sehr viel Wert auf Gruppenarbeiten („case study“, „paper“, „report“) gelegt – Arbeiten von ca. 30 Seiten Umfang, welche man in interkulturellen 3er-Gruppen verfasst und zu welchen man jede Woche ein Seminar hat, an welchem man den nächsten Teil seiner Arbeit präsentieren sowie die Arbeiten der andern Gruppen kritisieren muss. Zudem muss sehr viel Literatur gelesen werden. Vorlesung werden hingegen sehr wenige gehalten (bei mir: ca. 6 Lektionen pro Woche).
Vom Aufwand her ist das Studium in Schweden in etwa mit jenem in Bern zu vergleichen, das Niveau ist allerdings massiv tiefer in Schweden.
Was hat Ihnen am Studium im Gastland besser gefallen als in Bern?
Es war sehr interessant, eine neue Art von Studium kennen zu lernen. Die Gruppenarbeiten können je nach Gruppenzusammensetzung eine grosse Herausforderung darstellen, bieten aber immer eine super Gelegenheit, neue Leute kennen zu lernen. Die vielen Papers, welche wir in englischer Sprache zu verfassen hatten, sowie die vielen Seminare, an welchem man vor kleinerem oder grösserem Publikum sprechen muss, waren zudem sehr förderlich für meine Englischfertigkeiten und nahmen einem sehr schnell die Angst vor Präsentationen. Auch die „oppositions“, wo man lernt, andere Arbeiten zu kritisieren sowie Kritik an der eigenen Arbeit hinzunehmen, waren eine gute Erfahrung.
Was war im Gastland schlechter als in Bern?
Das Niveau der Kurse ist massiv tiefer als in Bern – was mich überrascht und vor allem enttäuscht hat. Ich hätte erwartet, dass ich in Schweden von einem ähnlich hohen Level wie in der Schweiz ausgehen könnte, dem war leider so. Die viele Literatur, welche einem vorgesetzt wird, empfand ich auch nicht wirklich als förderlich. Ich hatte das Gefühl, dass möglichst alles ein wenig angesprochen werden sollte, damit man von allem ein wenig eine Ahnung hat, dass aber als Konsequenz alles sehr oberflächlich – und das Niveau dadurch eher tief – blieb.
Was war das „Highlight“ Ihres Auslandsaufenthalts?
Die vielen tiefen Freundschaften, welche man zu andern Austauschstudenten aus der ganzen Welt aufbauen konnte. Die vielen kleineren und grösseren Reisen durch ganz Schweden und sogar nach Russland (St. Petersburg & Moskau). Das Campusleben. Der schwedische Frühling, der zwar sehr spät kam, aber dafür umso schöner war. Die Top-Infrastruktur auf dem gesamten Universitätsgelände.
Welches war die grösste Enttäuschung während Ihres Studiums im Ausland?
Der fehlende Kontakt zu einheimischen Studenten. Das tiefe Niveau der Kurse.
Welche Tipps und Ratschläge haben Sie für Erasmus-Studierende, die zukünftig an Ihrer Gastuni studieren wollen?
Unbedingt einen Laptop mitnehmen!! Die Infrastruktur ist 1A in Växjö auf dem Campus, sodass alles via Internet läuft (e-mail, Skype, Internettelefonie…). Einen guten Reiseführer mitbringen, denn Bücher sind sehr teuer in Schweden… Sich genug Zeit rausnehmen, um dieses wunderschöne Land zu entdecken und bereisen.
Wie würden Sie Ihren Aufenthalt in einem Satz beschreiben?
Eine wunderschöne, spannende, einmalige und denkwürdige Erfahrung, die sehr gute Freundschaften zu Studenten aus aller Welt hervorgebracht hat und die ich in keiner Weise missen möchte!!