Was für eine Unterkunft hatten Sie im Gastland? Wie haben Sie diese gefunden?
In Madrid wohnte ich in einer 6-Personen-Wohngemeinschaft im Zentrum, nur 7 Minuten Fussweg von der Plaza del Sol entfernt. Ich habe mich für diese Lage entschieden, weil die Zugverbindungen vom Plaza del Sol zur Universidad Carlos III in Getafe ideal sind. Ausserdem ist die Nähe zur Plaza del Sol ein guter Ausgangspunkt für Besichtigungen in der Stadt. Ich habe meine Unterkunft über die Agentur "Spotahome" gefunden. Ich habe mich für Spotahome entschieden, weil sie bereits von ehemaligen SEMP-Studenten genutzt wurde. Das gibt einem zusätzliche Sicherheit, dass es sich nicht um einen Betrug handelt (vor allem, wenn man die Unterkunft nicht vorher vor Ort besichtigen kann), aber die Agenturgebühren sind hoch.
Wie war die Betreuung durch die Gastuni? Gab es ein Orientierungsprogramm?
Am ersten Tag gab es eine Begrüssungsveranstaltung, bei der man andere Austauschstudenten kennenlernen konnte und erste Informationen über die Organisation und Veranstaltungen erhielt. Wir waren sehr gut über die organisatorischen Dinge an der Universität informiert, sodass eine individuelle Betreuung nicht notwendig war. Als Austauschstudent hat man auch die Möglichkeit, an einem Buddy-Programm teilzunehmen, bei dem man von einheimischen Studenten betreut wird und andere Austauschstudenten kennenlernen kann. Ich habe jedoch nicht an diesem Programm teilgenommen, da ich bereits einen guten Freundeskreis gefunden hatte.
Wie war der Kontakt zu einheimischen Studierenden? Wie war der Kontakt zu anderen Austauschstudierenden?
Da ich bereits über sehr gute Spanischkenntnisse verfügte, war es für mich einfacher, mit den einheimischen Schülern zu kommunizieren als für andere Austauschschüler. In der Regel bleiben Austauschstudenten eher unter sich und einheimische Studenten, die sich schon lange kennen, sind weniger offen. Dennoch hat man sehr gute Möglichkeiten, einheimische Studierende kennenzulernen, wenn man sich in Vereinen engagiert. Ich bin zum Beispiel dem katholischen Verein "Totus Tuus" beigetreten und habe dort viele offene einheimische Studierende kennengelernt. Die anderen Austauschstudenten sind sehr offen, weil sie in der gleichen Situation sind und auch andere kennen lernen wollen. So ist der Umgang mit ihnen sehr einfach.
Wie sind Sie sprachlich zurechtgekommen?
Wie bereits erwähnt, hatte ich bereits vor dem Austausch sehr gute Spanischkenntnisse, da ich bereits zu Hause mit meiner Mutter Spanisch spreche. Daher konnte ich alle Kurse auf Spanisch gut verstehen. Mein Spanischniveau hat sich ohnehin sehr verbessert. Einen Kurs ohne Spanischkenntnisse zu belegen, ist wahrscheinlich schwierig. Aber zum Glück bietet die Universität auch viele Kurse auf Englisch an. In den englischsprachigen Kursen sind daher viel mehr Austauschstudenten, von denen einige wenig Spanischkenntnisse haben.
Welche Kurse haben Sie an der Gastuni besucht?
Ich habe insgesamt 4 Vorlesungen zu je 6 ECTS-Punkten besucht und gleichzeitig meine Bachelorarbeit geschrieben. Die von mir gewählten Vorlesungen waren Financial Management, Financial Economics, International Business und Financial Marketing (die Kurse wurden überwiegend auf Spanisch besucht). Der Schwierigkeitsgrad und Aufwand kann von Vorlesung zu Vorlesung sehr unterschiedlich sein. In einigen Fällen ist der Aufwand ähnlich oder höher als an der Universität Bern. Der Schwierigkeitsgrad der Prüfungen ist jedoch etwas geringer. Meiner Meinung nach war die Qualität der Vorlesungen hoch und ich habe inhaltlich viel gelernt.
Welche dieser Kurse würden Sie zukünftigen SEMP-(Erasmus)-Studierenden weiterempfehlen?
Ich würde den Kurs "International Business Management" auf jeden Fall weiterempfehlen. Der Kurs ist spannend aufgebaut und wird von vielen anderen Austauschstudenten besucht. Ich hatte einen sehr guten Professor (Julio Cervino). Wenn man die Vorlesung auf Spanisch besucht, sitzen vor allem Lateinamerikaner im Hörsaal, während es auf Englisch vor allem Nordamerikaner sind. Es ist auf jeden Fall eine Vorlesung, in der man andere Austauschstudierenden kennen lernen kann.
Was hat Ihnen am Studium im Gastland besser gefallen als in Bern?
Mir gefällt die Art und Weise, wie das Lernen an der Gastuniversität abläuft, besser als in Bern. An der Universidad Carlos III werden die Kurse eher im Sinne einer kontinuierlichen Evaluation bewertet. Man hat 1,5 Stunden Vorlesungen und 1,5 Stunden Übungen pro Kurs. Der Kontakt mit dem Professor ist viel enger und persönlicher als in Bern. Jede Woche muss man etwas abgeben oder eine Präsentation halten, aber die Abschlussprüfung ist weniger wichtig als in Bern. Ausserdem muss man während der Prüfungszeit weniger lernen als in Bern, da man während des Semesters kontinuierlich lernt.
Was war im Gastland schlechter als in Bern?
Die Universität Carlos III hat mir insgesamt sehr gut gefallen und ich habe daher wenig Negatives zu sagen. Die Organisation an der Universidad Carlos III ist sicherlich weniger gut als in Bern. Sie ist aber nicht chaotisch und ich wusste jederzeit sehr gut, wo und was ich zu tun hatte.
Was waren die „Highlights“ Ihres Auslandsaufenthalts?
Während meines Auslandssemesters habe ich viele Freunde gefunden, die mich hoffentlich für den Rest meines Lebens begleiten werden. Ich habe unvergessliche Erfahrungen mit ihnen gemacht. Die Lebensqualität und der studentische Ausgang in Madrid gehören meiner Meinung nach zu den besten in Europa und der Welt. Darüber hinaus bietet Madrid ein extrem breites Spektrum an kulturellen Möglichkeiten. Von blutigen Stierkämpfen über Fußballspiele bis hin zu Second-Hand-Märkten bietet Madrid für jeden Geschmack sehr vieles. Ausserdem konnte ich Menschen aus ganz unterschiedlichen Kulturen kennenlernen (Costa Rica, Mexiko, Brasilien, Italien, Spanien, USA usw.). Das hat mir Verständnis, Interesse und Neugier für andere Länder und Kulturen vermittelt. Ich bin so zufrieden, dass ich gerne noch länger in Madrid geblieben wäre...
Was waren die grössten Enttäuschungen während Ihres Auslandsaufenthalts?
Um ehrlich zu sein, hatte ich kaum Enttäuschungen. Ich hätte vielleicht gehofft, in den Vorlesungen mehr einheimische Studierenden kennenzulernen. Es gibt aber auch viele andere Möglichkeiten, einheimische Leute zu treffen.
Welche Tipps und Ratschläge haben Sie für Studierende, die zukünftig an Ihrer Gastuni studieren wollen?
Ich würde mir nicht zu viele Gedanken über die Probleme machen, die man an der Gastuniversität haben kann. Irgendwann werden sie sich lösen und es gibt viele andere Austauschstudenten, die in der gleichen Situation sind. Ich würde jedem, der daran zweifelt, ein Austauschprogramm an einer Gastuniversität zu absolvieren, raten, Mut zu haben und diese Chance zu nutzen. Schliesslich wächst man bei einer solchen Erfahrung sehr stark und sammelt unvergessliche Erfahrungen.
Studierende der Universität Bern, die Rückfragen zu diesem Erfahrungsbericht haben, können beim Fachkoordinator des Departements BWL (mobility.bwl@unibe.ch) die E-Mail-Adresse der Autorin bzw. des Autors erfragen.