Was für eine Unterkunft hatten Sie im Gastland? Wie haben Sie diese gefunden?
Die Universität Maastricht (UM) hat mehrere Gästehäuser, bei denen Austauschstudenten ein Zimmer beziehen können. Ich wie auch die meisten Austauschstudenten (schätzungswiese 400-500) wohnten bzw. wohnen im Brouwserweg 100. Dies kann ich auch bestens empfehlen! Dieses Gästehaus unterteilt sich in P- und C-Gebäude. Beim P-Gebäude hat man eine eigene Küche, beim C-Gebäude gibt es eine allgemeine Küche, die etwa von 15-20 Studenten geteilt wird. In beiden Gebäuden gibt es Einzel- und Doppelzimmer. Und in beiden Gebäude wird das Bad und die Dusche gemeinsam benutzt (ausser man wählt noch die dritte Alternative – ein Studio). Ich habe ihm P-Gebäude gewohnt. Da hatte ich meine eigene Küche, da ich aber verhältnismässig auf einem ruhigen Korridor gewohnt habe, war unterhaltungsmässig eher „wenig“ los. Hier hat das C-Gebäude seinen Vorteil, da man durch die gemeinsame Küche mit den anderen Studenten zwangsweise in Kontakt kommt. Jedoch beklagten sich einigen Studenten aus dem C-Gebäude wiederum über eine etwas „unsaubere“ Küche. Beide haben also ihre Vor- bzw. Nachteile, die jeder für sich selbst abwägen muss. Wichtig ist: Bucht euer Zimmer so rasch wie möglich! Dies könnt ihr unter folgendem Link tun: http://www.unimaas.nl/guesthouseum/
Wie war die Betreuung durch die Gastuni? Gab es ein Orientierungsprogramm?
Die Betreuung war ausgezeichnet. Von der Fakultät gab es einen obligatorischen Introduction Day, bei dem einem alles rund um das Studium erklärt wird. Die Austauschstudenten werden zudem von „ESN Maastricht“ betreut, d.h. sie organisieren Partys, Trips, etc. Auf www.esn-maastricht.nl findet man die wichtigsten Infos über die verschiedenen Anlässe. Jedoch würde ich anraten, auf Facebook der entsprechenden Gruppe von ESN Maastricht beizutreten (bei mir war es „ESN Maastricht 2010-2011“). Dann bekommt man nämlich stets eine Nachricht, wenn wieder ein neuer Anlass ansteht und wann der Ticketverkauf beginnt (die Anlässe sind z. T. sehr schnell ausverkauft, deshalb geht sicher, dass ihr euer Ticket bekommt).
Wie war der Kontakt zu einheimischen Studieren? Wie war der Kontakt zu anderen Austauschstudenten?
Was heisst „einheimische“ Studenten? An der UM studieren schätzungsweise pro Semester 40% Austauschstudenten. Daneben gibt es auch reguläre Studierende. Einen Grossteil von diesem kommt aber vom nahen Deutschland. D. h. einheimische Studierende im Sinne von holländischen Studierenden gibt es verhältnismässig eher wenig. Jedoch hatte ich persönlich nicht grosse Mühe, mit einheimischen bzw. regulären Studierenden in Kontakt zu kommen. Da an der UM das PBL-System praktiziert wird, ist man in ziemlich kleinen „Klassen“ (=Tutorial) aufgeteilt. In einem solchen Tutorial lernt man sich schnell kennen. Dennoch war der Kontakt natürlich grösser zu den Austauschstudierenden. Durch die vielen Events und das Gästehaus lernt man ohne grosse Mühe andere Austauschstudierende kennen. Der Kontakt und die Atmosphäre unter den Austauschstudenten waren grossartig.
Wie sind Sie sprachlich zurechtgekommen?
Bis auf zwei Ausnahmen (einmal beim Coiffeur und einmal beim Bäcker), habe ich keinen Holländer getroffen, der nicht wenigstens ein bisschen Englisch sprechen konnte. Wer also einigermassen Englisch sprechen kann, wird in Maastricht keine sprachliche Probleme haben (zudem können relativ viele Holländer auch Deutsch). Für die Anmeldung bzw. den Unterricht ist kein Sprachdiplom erforderlich. Aufgrund des PBL-Systems wird in den Tutorials viel diskutiert. Daher ist es ratsam, wenn man sich einigermassen verständlich auf Englisch ausdrücken kann. Wer Niederländisch lernen will, für den ist die UM wohl nicht die richtige Universität. Man kann zwar solche Sprachkurse besuchen, da aber praktisch eh immer English gesprochen wird, lernt man nicht wirklich Niederländisch. Zudem ist das Niederländisch in Maastricht bzw. Limburg (im Gegensatz zum Norden von NL) für Anfänger eher schwierig zu verstehen.
Welche Kurse haben Sie an der Gastuni besucht?
Folgende Masterkurse:Case in Management Information Systems, Supply Chain Strategy, Managing Organizational Learning,Entrepreneurship & Innovation
Welche dieser Kurse würden Sie zukünftigen Erasmus-Studierenden weiterempfehlen?
An dieser Stelle möchte ich zuerst erwähnen, dass die UM das PBL-System (Problem-Based-Learning) praktiziert. Etwas überspitzt gesagt, werden in diesem System die „Klassen“ (=Tutorial) auf ein Minimum an Studierenden reduziert (meistens zwischen 12-15 Personen) was die Interaktion fördern soll. Tatsächlich wird das PBL-System von jedem Tutor (= Betreuer des Tutorials) wieder etwas anders umgesetzt. Im „klassischen“ Tutorial gibt es 3 Funktionen: Facilitator (moderiert das ganze Tutorial, ist für den reibungslosen Ablauf verantwortlich), Literature Presentator (präsentieren die Literatur, die auf das jeweilige Meeting zu lesen war, i.d.R. sind dies 2-3 Artikel und mehrere Seiten aus einer Grundlektüre) und alle übrigen (können bzw. sollten Fragen stellen, eine Diskussion starten, etc.). Wie gesagt kommt die Ausübung auf den jeweiligen Tutor an. Eigentlich ist der Tutor nur da, um die verschiedenen Studierenden zu benoten (Präsentation und Teilnahme aller Studierenden wird in der Regel bewertet). Ein guter Tutor unterstützt die Klasse aber darüber hinaus bspw. wenn etwa unklar oder falsch verstanden wurde. Case in Management Information Systems: Dieser Kurs weicht vom klassischen Tutorial ab. In diesem Kurs behandelt man in jedem Meeting eine neue Fallstudie. Ich persönlich habe bei diesem Kurs einiges gelernt und kann diesen nur weiterempfehlen. Supply Chain Strategy: Inhaltlich ist der Kurs durchaus interessant. Jedoch ist der zuständige Tutor nicht wirklich als äusserst fleissig bekannt. So weiss man oft nicht, was eigentlich genau gefordert ist bzw. was zu tun ist. Managing Organizational Learning: Mir gefiel dieser Kurs nicht. Dem Kurs fehlen eine deutliche Struktur und klare Lernziele. Die Teilnahme oder Literaturpräsentation wird nicht benotet, es zählt einzig die Note von einem zu erstellenden 40seitigen Bericht. Entrepreneurship & Innovation: Dieser Kurs fand ich sehr toll. Neben dem klassischen Tutorial, hatte man auch ein „Consulting Project“. Bei diesem Projekt geht es darum, eine Idee zu einer ernsthaften Innovation weiterzuentwickeln. Schlussendlich muss ein Bericht abgegeben werden, der zu 40% der Endnote angerechnet wird. Diesen Kurs kann ich ebenfalls bestens empfehlen.
Was hat Ihnen am Studium im Gastland besser gefallen als in Bern?
Ein Vergleich zwischen Bern und Maastricht ist nicht ganz einfach, v.a. da die Universitäten verschiedene Systeme haben. Generell bevorzuge ich das System in Bern, dennoch war das PBL-System eine tolle neue Erfahrung. Die kleinen Klassen mit den vielen Interaktionsmöglichkeiten machen die Kurse sehr interessant. Dadurch, dass man sich auf jedes Meeting vorbereiten muss, ist man stets up-to-date, und der Prüfungsstress verkleinert sich auf ein Minimum.
Was war im Gastland schlechter als in Bern?
Das PBL-System hat aus meiner Sicht auch ein paar Schwachstellen. Oft wird die Teilnahme der Studierenden ebenfalls bewertet. So wollte sich z. T. jeder möglichst häufig melden. Dies führte zu einigen Diskussionen, die sich immer wieder im Kreis drehten oder sinnlos waren. Oder dann gab es meistens im Minimum ein Selbstdarsteller pro Tutorial, der allen seine Meinung 100mal erzählen wollte. Weiter muss man seine Auswahl der Kurse im Vorhin bekannt geben. Als Austauschstudent kann man sich praktisch nur auf die kurzen Abstracts beziehen, die meistens auch nicht viel aussagen. Hat der Kurs einmal begonnen und man merkt, dass einem dieser nicht wirklich gefällt, ist es nicht mehr möglich, den Kurs auszutauschen. Das ganze tönt womöglich jetzt etwas negativ, dennoch kann ich allen ein Semester in Maastricht nur wärmstens empfehlen. Die positiven Eindrücke überwiegen die negativen deutlich!
Was waren die „Highlights“ Ihres Auslandsaufenthalts?
Für mich war das ganze Semester ein wahres Highlight und eine willkommene Abwechslung zum Unialltag in Bern. Es gibt einige Punkte, die ich immer positiv in Erinnerung behalten werde. Einerseits die tolle Atmosphäre unter den Austauschstudenten, das Gästehaus und die enge Verbundenheit mit den Studierenden, die verschiedenen Events die von ESN Maastricht organisiert werden, die vielen neuen Bekanntschaften mit Studierenden aus der ganzen Welt, alle die Partys, ein Wochenende mit 50 Studierenden in Belgien, der tiefe Euro, u.v.m.
Was waren die grössten Enttäuschungen während Ihres Auslandsaufenthalts?
Ich würde keine Erfahrung als Enttäuschung beschreiben. Ich habe viele Erfahrungen gesammelt, und die meisten waren durchwegs positiv. Ausser vielleicht eine Sache: Nach knapp zwei Wochen gab mein Laptop komplett den Geist auf.
Welche Tipps und Ratschläge haben Sie für Erasmus-Studierende, die zukünftig an Ihrer Gastuni studieren wollen?
Wählt das Gästehaus im Brouwserweg 100 – kein anderes! Ich habe einige Leute von anderen Gästehäusern getroffen, die ihren Entscheid bereut haben Reserviert das Gästehaus so früh wie möglich Macht bei den Anlässen von ESN Maastricht mit – andernfalls werdet ihr es bereuen Nehmt ein Adapter für eure dreipolige Stecker (-> Laptop!) mit Bei der Vorlesungsauswahl müsst ihr euch keine Gedanken wegen den zeitlichen Überschneidungen machen (wie es in Bern der Fall ist). Es gibt nämlich eine automatische Einteilung die jede Überschneidung (von Kursen an gleichen Tagen) ausschliesst. Beim der Vorlesungsauswahl: Checkt die Evaluation der letztjährigen Studierenden, dort steht nämlich wie viel Zeitaufwand nötig war, wie hoch der Notendurschnitt lag, etc. Für An-/Heimreise mit dem Zug: Die Bahnbuchung über die SBB (!) war bei uns sehr viel günstiger als über die Deutsche Bahn. Ihr könnt auch nur bis Aachen buchen, und dann ein Bus-Ticket für 5.50 EUR nach Maastricht bzw. dem Busstopp vor dem Gästehause (Sint Annadal) lösen. Diese Busfahrt dauert ungefähr eine Stunde. Aber die Preise haben sich hier evt. bereits wieder verändert. Checkt es also selber noch aus. Tipps für Städtereisen/Trips: Amsterdam, Rotterdam, Delft, Aachen, Köln, Brügge, Brüssel, Gent, etc. und in der näheren Umgebung: Valkenburg, Schloss Hoensbroek, 3-Länder-Punkt (welcher gleichzeitig der „höchste“ Berg von NL ist) Kauft euch ein Fahrrad, dadurch seid ihr etwas flexibler und schneller unterwegs. Ein gutes Secondhand-Fahrrad kostet im Minimum 60 Euro. Billigere Fahrräder fallen früher oder später auseinander… Nehmt Schweizer Schokolade mit und verteilt sie euren Zimmernachbarn, das kommt immer gut an :-) Enjoy Maastricht!
Studierende der Universität Bern, die Rückfragen zu diesem Erfahrungsbericht haben, können beim Erasmus-Fachkoordinator des Departements BWL (erasmus@bwl.unibe.ch) die E-Mail-Adresse der Autorin bzw. des Autors erfragen.