Was für eine Unterkunft hatten Sie im Gastland? Wie haben Sie diese erhalten?
Während meines Austauschsemesters lebte ich in einem Zimmer in einem Studentenheim. Zusammen mit meinem Mitbewohner teilte ich eine kleine Küche und die Dusche/WC. Das Zimmer war mit dem Nötigsten möbliert und wies darüber hinaus einen superschnellen Internetanschluss auf, der gratis benutzt werden konnte.
Alles, was ich tun musste, um diese Unterkunft zu erhalten, war, bei der Anmeldung ein Formular auszufüllen. Der Rest wurde durch die Gastuni organisiert.
Wie war die Betreuung durch die Gastuni? Gab es ein Orientierungsprogramm?
Die Betreuung war ausgezeichnet. Jeder Austauschstudent erhielt einen finnischen Tutor. Dieser finnische Student trat vor Abreise mit mir in Kontakt, er holte mich bei der Ankunft in Jyväskylä ab, zeigte mir die Unterkunft, die Uni und die Stadt und stand mir jederzeit mit Rat und Hilfe zur Seite.
Die erste Woche bestand aus einem Orientierungsprogramm, bei dem sich die Uni mit ihren vielseitigen Aktivitäten und Angeboten vorstellte. Neben allgemeinen Informationen zum Leben in Finnland erhielten wir auch Auskünfte zum Gesundheitssystem (im Falle von Krankheiten), organisierten Ausflügen sowie konkrete Anhaltspunkte des relevanten Institutes.
Wie war der Kontakt zu einheimischen Studieren? Wie war der Kontakt zu anderen Austauschstudenten?
Dank der Einführungswoche mit dem gemeinsamen Programm, aber auch durch die zahlreichen organisierten Anlässe und Parties war es äusserst einfach, mit den anderen Austauschstudenten in Kontakt zu kommen. Hinzu kam, dass viele von ihnen im selben Studentenheim wohnten.
Viele Austauschstudenten beklagten sich, sie hätten kaum Kontakt zu finnischen Studenten gehabt, geschweige denn Freundschaften geschlossen. Für mich ist das nur schwerlich nachvollziehbar, denn die Finnen sind sehr freundliche und hilfsbereite Menschen. Sowohl an der Uni wie auch im Ausgang ist bemerkenswert einfach, mit ihnen in Kontakt zu kommen. Alles, was es dazu braucht, ist Offenheit und die Bereitschaft, auf sie zuzugehen.
Wie sind Sie sprachlich zurecht gekommen?
In den gesamten vier Monaten sind mir genau zwei Finnen begegnet, die kein Wort Englisch gesprochen haben. Wohlgemerkt, ich spreche hier nicht nur von Studenten, sondern von Verkäufern in Läden wie auch Menschen auf der Strasse. Es ist also überhaupt kein Problem, mit Englisch durchzukommen. Ich habe an der Uni den „Survival Finnish“-Kurs besucht, bei dem wir ein wenig Finnisch für Alltagssituationen (z.B. Einkaufen) lernten. Dies war sehr hilfreich und unbedingt empfehlenswert. Auch wenn vier Monate bei weitem nicht genug sind, diese anspruchsvolle Sprache zu lernen, so bringt es einem viele Sympathien von Einheimischen entgegen, wenn man sich mit einigen Worten in Finnisch versucht.
Welche Kurse haben Sie an der Gastuni besucht?
Ich habe die BWL-Vorlesung mit dem Titel „Business, Society and the Environment“ besucht, bei der es um die nachhaltige und verantwortungsbewusste Führung von Unternehmen geht. Daneben entschied ich mich für zwei Book exams, bei der keine Vorlesung stattfindet, sondern man sich alleine mit dem Buch den Prüfungsstoff erarbeitet. Die eine Prüfung war über die europäische Integration in der EU, die andere („Development Economics“) behandelte Themen der Entwicklungspolitik unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten. Darüber hinaus besuchte ich, wie bereits angetönt, den Finnisch-Sprachkurs „Survival Finnish“, um einigen Einblicke in diese aussergewöhnliche Sprache zu erhalten.
Welche dieser Kurse würden Sie zukünftigen Erasmus-Studierenden weiterempfehlen?
Ich empfand diese Auswahl als sehr interessant und spannend, zumal solche Kurse an der Uni Bern nicht angeboten werden. Die BWL-Vorlesung war deshalb empfehlenswert, weil die Uni Bern einen Kurs dieses Inhaltes nicht anbietet und die Uni Jyväskylä in diesem Bereicht spezialisiert ist. Die Book exams sind ein Vorschlag für alle, die gerne sehr flexibel Stoff im Alleingang erarbeiten (der Professor steht aber bei Problemen immer zur Verfügung) und nicht an Vorlesungszeiten gebunden sind. Den „Survival Finnish“-Kurs lege ich allen ans Herzen, denn er ermöglicht es Austauschstudenten in einem lockeren Rahmen einige „Geheimnisse“ der Sprache zu lüften und Alltagssituationen besser zu meistern.
Was hat Ihnen am Studium im Gastland besser gefallen als in Bern?
Mir hat die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Uni-Administration sehr gefallen. Man hatte nie ein schlechtes Gewissen, mit Fragen, Schwierigkeiten oder Problemen an die verantwortlichen Personen zu treten. Immer wurde man freundlich empfangen, hat sich für die Anliegen Zeit genommen und sich sehr flexibel gezeigt (z.B. im Hinblick auf Prüfungsdaten). Darüber hinaus war das Tutor-System eine grosse Hilfe. Schon vor der Abreise fühlte ich mich nicht so allein gelassen, da ich wusste, dass sich jemand um mich kümmern würde.
Was war im Gastland schlechter als in Bern?
Die Kurse finden im Gegensatz zur Uni Bern nicht verteilt über das ganze Semester statt, sondern quasi als „Intensiv-Blockveranstaltung“. Will heissen, dass z.B. während zwei Wochen pro Tag zwei Stunden Vorlesungen angeboten werden und anschliessend eventuell eine Arbeit oder Prüfung anstand. Dies wurde leider im Vorfeld nicht deutlich kommuniziert, weshalb es zu Beginn des Semesters einiger Nachforschungen bedurfte, um die zahlreichen Überschneidungen zu vermeiden und den Stundenplan zusammenzustellen.
Was war das „Highlight“ Ihres Auslandsaufenthalts?
Die Highlights meines Aufenthalts waren – nebst den zahllosen Saunabesuchen – sicherlich die vielen neuen Freundschaften, die ich geschlossen habe. Nebst den vielen Austauschstudenten aus aller Welt, sind mir vor allem die Finnen ans Herz gewachsen. Mit ihnen habe ich vier wunderbare Monate erlebt, mit vielen Ausflügen, Konzerten, Festen oder auch, ganz einfach, mit Gesprächen.
Welches war die grösste Enttäuschung während Ihres Studiums im Ausland?
Mein Hauptanliegen für dieses Austauschsemester war eigentlich, mein Englisch zu verbessern. Da leider keine Englischsprachigen Länder am Erasmus-Programm teilnehmen, fiel meine Wahl auf Skandinavien. Wie bereits oben erwähnt, sprechen alle Finnen sehr gut Englisch. Doch auch bei ihnen merkt man, dass Englisch nicht ihre Muttersprache ist und sie – wie auch ich – Fehler machen und ihre Mühen mit der Sprache haben. Deshalb konnte ich zwar mein Englisch üben und bin sicherlich fliessender geworden, doch konnte ich leider keine Kenntnisse nicht so sehr vertiefen und verbessern wie ursprünglich erhofft.
Welche Tipps und Ratschläge haben Sie für Erasmus-Studierende, die zukünftig an Ihrer Gastuni studieren wollen?
Vergesst bei der Planung des Semesters nicht, dass die Vorlesungen als „Blockveranstaltungen“ und nicht über das Semester verteilt stattfinden. Ich empfehle Euch auch, den Survival Finnish-Kurs zu belegen, um ein wenig Finnisch „aufzuschnappen“. Des Weiteren rate ich Euch an, sich nicht nur mit den Austauschstudenten abzugeben, sondern auch mit ein wenig Offenheit und Unkompliziertheit auf Finninnen und Finnen zuzugehen und neue Kontakte zu knüpfen. Nebst vielen amüsanten Parties werdet ihr so auch viel mehr über dieses interessante Land kennen lernen.
Wir würden Sie Ihren Aufenthalt in einem Satz beschreiben?
Auch wenn Jyväskylä auf den ersten Blick nicht als Traumdestination erscheinen mag, erlebte ich vier absolut fantastische Monate, die leider viel zu schnell vorbeigingen!